Europakongress: Die Grünen im Höhenflug
Wenn nicht wir, wer dann? Und wenn nicht jetzt, wann dann? Das war der Tenor auf dem Europakongress von Déi Gréng am Samstag in Moutfort. Gestärkt durch ihre Wahlergebnisse im vergangenen Oktober und beflügelt durch die weltweiten Klimaproteste fühlen die Grünen sich mehr denn je in der Pflicht, den Klimawandel zu stoppen und für ein soziales, gerechtes und humanes Europa zu kämpfen. Sie sehen in dem Aufschwung der Grünen den Beweis, dass die Menschen in ganz Europa mehr grüne Politik wollen.
„Ich bin stolz, dass meine Generation auf die Straße geht, um den Planeten zu retten“, sagte der 27-jährige Sprecher der jungen Grünen, Meris Sehovic. „Wir sind die erste Generation, die die Folgen des Klimawandels direkt spürt, und zugleich die letzte Generation, die dagegen noch etwas unternehmen kann“, so Sehovic. Das Kernthema des gebürtigen Osteuropäers, dessen Eltern Anfang der Neunzigerjahre das ehemalige Jugoslawien in Richtung Luxemburg verlassen haben, um dem Krieg zu entkommen, ist die Migrationspolitik. „Wenn in Italien ein Bürgermeister verhaftet wird, weil er Flüchtlinge bei sich aufnimmt und wenn ungarische Bürger zwei Jahre Haft riskieren, wenn sie Menschen bei ihrer Flucht helfen, dann läuft etwas fundamental schief“, so Sehovic, der im Laufe seiner Brandrede für grüne Ideen und besonders beim Thema Migration ordentlich ins Schwitzen geriet.
Der Klimawandel treibt viele Menschen in die Flucht und in Armut und wird so immer mehr auch zur Bedrohung des Friedens. Insofern seien die Klimaproteste auch Friedensproteste, sagte der Sprecher der jungen Grünen.
Auch die EU-Abgeordnete Tilly Metz ereiferte sich während ihres europapolitischen Exkurses. Sie, die im Februar mit ihrer Protestaktion auf einem belgischen Militärflughafen Aufsehen erregt hatte und dafür parteiintern – unter anderem von Verteidigungsminister François Bausch – kritisiert worden war, bekam am Samstag von der Parteibasis für ihr Engagement gegen eine erneute atomare Aufrüstung Rückendeckung und erntete tosenden Applaus. Den Einsatz für die europäischen Werte verglich sie mit der Liebe zwischen zwei Menschen. „Man muss sich jeden Tag dafür einsetzen, diese Liebe aufrechtzuerhalten. Sobald man sie als gesichert betrachtet, ist sie in Gefahr.“ Die Klimaproteste wertete sie als Zeichen, dass die jungen Menschen „das Warten und die leeren Versprechen satt haben und wollen, dass gehandelt wird“. „Die Gelder und die technologischen Alternativen sind da, den Willen und das Know-how haben wir“, so Metz.
Als Redner standen die jungen Grünen den erfahrenen Mandatsträgern in nichts nach. Sie wussten mit pointierter Rhetorik, Enthusiasmus und selbstbewusstem Auftreten zu überzeugen und konnten sich der Aufmerksamkeit und der Unterstützung der rund 140 anwesenden Delegierten und Parteimitglieder sicher sein.
Bernard und Kmiotek – neue Doppelspitze
Der Europakongress war zugleich ein statutarischer Kongress, bei dem eine neue Parteispitze gewählt und die Gremien neu besetzt wurden. Die neue Parteipräsidentin Djuna Bernard war die einzige Kandidatin und wurde mit 94,2 Prozent der Stimmen gewählt. Die 26-jährige Abgeordnete folgt auf Françoise Folmer, die im Juni vergangenen Jahres von ihrem Posten zurückgetreten war. Parteichef Christian Kmiotek wurde mit 94,4 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt. Er trat gegen die weniger bekannten Kandidaten Dawid Gawlik und Athanase Popov an.
Das neue Exekutivkomitee setzt sich zusammen aus acht Frauen – Gaby Damjanovic, Tanja Duprez, Nora Forgiarini, Tanja Frank, Simone Johann, Christiane Rausch, Ana Luisa Teixeira und Tatjana Von Bonkewitz – und sieben Männern: Paul Zens, Christian Goebel, Roland Tex, Christophe Reuter, Bob Lessel, Nicolas Decock und Claude Feltgen.
Das Europawahlprogramm wurde nach längeren Diskussionen und zahlreichen Änderungsanträgen, vor allem von den jungen Grünen, einstimmig verabschiedet. Die Liste mit den sechs Europakandidaten wurde mit 140 von 146 Stimmen angenommen. Die Liste wird angeführt von der Doppelspitze Tilly Metz und Meris Sehovic, die anderen Kandidaten sind Tanja Duprez, Christian Kmiotek, Martin Kox und Jessie Thill.